20. September 2025
Seltene Einblicke: So sieht die Rodenkirchener Brücke von innen aus
Wer mit dem Auto über die A4 nach Köln fährt, kennt sie: die grün schimmernde Rodenkirchener Brücke. Täglich rollen hier mehr als 100.000 Fahrzeuge über den Rhein. Doch kaum jemand weiß, wie es im Inneren dieser Hängebrücke aussieht – und wie ausgeklügelt ihre Konstruktion tatsächlich ist. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, warum die Brücke nicht nur ein technisches Meisterwerk, sondern auch ein Stück Kölner Geschichte ist.
Beim Tag des offenen Denkmals im September gab es die seltene Gelegenheit, die Rodenkirchener Brücke von innen zu sehen und sogar auf die Brücke zu gehen. PALA PIX (Facebook, Instagram) war dabei, und hat hier einige der Bilder zur Verfügung gestellt.
Die erste große Hängebrücke Deutschlands
Als die Brücke 1941 eröffnet wurde, war sie ein Pionierbau: die erste „echte“ Hängebrücke Deutschlands und damals sogar die größte Europas. Ihr Prinzip ist bis heute faszinierend: Zwei gewaltige Stahlseile überspannen den Rhein und tragen die Fahrbahn über senkrechte Hängerseile.
Die Zugkräfte leiten sich in massive Betonblöcke am Ufer ab, die sogenannten Anker. Ohne diese „unsichtbaren Riesen“ im Boden würde die Konstruktion nicht stehen.
Schon damals setzte der Bau neue Maßstäbe. Mit einer Spannweite von 378 Metern übertraf sie alles, was deutsche Ingenieure bis dahin realisiert hatten. Für Köln war die Brücke ein Symbol des Fortschritts – bis sie 1945 durch Bombentreffer zerstört wurde.
Wiederaufbau mit weniger Stahl
Nach dem Krieg stand Köln vor der Frage: Neubau oder Wiederaufbau? Man entschied sich für Letzteres. Zwischen 1952 und 1954 entstand die Brücke erneut, diesmal moderner und leichter. Statt der ursprünglich 6.100 Tonnen Stahl brauchte der neue Überbau nur noch gut die Hälfte – dank neuer Materialien und einer cleveren Verbundbauweise. Die Pylone, also die hohen Türme, blieben erhalten und tragen bis heute die Last.
Damals erhielt die Brücke auch ihren heutigen Namen: Rodenkirchener Brücke. Sie verband den Süden Kölns mit dem Rechtsrheinischen und wurde bald zum unverzichtbaren Teil der neuen Autobahn 4.

Rodenkirchener Brücke: Drei Seile statt zwei
Das vielleicht spannendste Kapitel kam in den 1990er-Jahren. Die Brücke war längst zum Nadelöhr geworden, der Verkehr hatte sich vervielfacht. Ein Abriss wäre denkbar gewesen, doch Ingenieure wählten einen weltweit einzigartigen Weg: Man baute die Brücke einfach seitlich an.
Zwischen 1990 und 1994 entstand auf der Nordseite ein paralleler Brückenteil. Ein drittes Hauptseil wurde gespannt, neue Stahlträger verschweißt und alte mit neuen verbunden. Am Ende stand kein Doppelbau, sondern ein gemeinsames Bauwerk – und die einzige Hängebrücke weltweit mit drei Tragkabeln.
Von außen fällt der Unterschied bis heute auf: Die genietet wirkenden Stahlteile stammen aus den 1950ern, die glatten geschweißten aus den 1990ern.
Durch die Erweiterung verdoppelte sich die Breite fast auf 53 Meter. Statt vier gibt es seitdem sechs Fahrspuren. Und das Kunststück: Trotz der Verbreiterung wog der Überbau am Ende nur rund 50 Prozent mehr als vorher – möglich durch eine neue, leichtere Fahrbahnplatte aus Stahl.
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Ein Blick ins Innere
Wer die Brücke nur von oben kennt, ahnt wenig von ihrem Innenleben. In den Pylonen führen schmale Leitern zu Wartungsöffnungen hoch oben an den Seilauflagen. Im Bauch der massiven Widerlager liegen die Verankerungskammern, in denen sich die tonnenschweren Kabelenden auffächern und über riesige Ankerplatten im Beton fixiert sind.


Hier wirken Kräfte von bis zu 60 Millionen Newton pro Kabel – das entspricht mehreren tausend Tonnen Zug.
Auch unter der Fahrbahn gibt es mehr zu sehen, als man denkt. Querträger verbinden die drei Längsträger der Brücke, Wartungsgänge erlauben Inspektionen, und sogar der Anstrich hat Symbolcharakter: Das „Kölner Brückengrün“, seit fast hundert Jahren Standard am Rhein, schützt den Stahl vor Rost und prägt das Stadtbild.
Technische Daten zur Rodenkirchener Brücke
- Hauptspannweite: 378 Meter
- Gesamtlänge: 567 Meter
- Höhe der Pylone: 59 Meter
- Breite heute: 52,8 Meter (vorher 25,2 Meter)
- Drei Tragkabel, jedes etwa 50 Zentimeter dick
- Seilkräfte: rund 60 Millionen Newton pro Kabel
- Baukosten 1941: 13,9 Mio. Reichsmark – Erweiterung 1990er: rund 200 Mio. DM
Brücke und Baudenkmal
Heute ist die Rodenkirchener Brücke nicht nur eine Verkehrsader, sondern auch ein Baudenkmal. 1996 wurde sie offiziell unter Denkmalschutz gestellt – wegen ihrer technischen Bedeutung, aber auch als Zeitzeuge der wechselvollen Geschichte Kölns im 20. Jahrhundert.
Wer über die Brücke fährt, sieht vor allem Stahl und Beton. Doch wer hineinschauen darf, entdeckt ein faszinierendes Zusammenspiel von Kräften, Materialien und Ingenieurskunst. Dass man heute kaum merkt, dass hier zwei Generationen von Brückenbau zusammengewachsen sind, macht sie zu einem ganz besonderen Bauwerk – und zu einer der eindrucksvollsten Rheinüberquerungen Kölns.
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