Was ist früher in den Giebelhäusern in der Kölner Altstadt passiert?

14. October 2025



Was ist früher in den Giebelhäusern in der Kölner Altstadt passiert?

Wer durch die Kölner Altstadt spaziert, bleibt am Fischmarkt fast automatisch stehen – dort, wo sich bunte, schmale Häuser mit spitzen Dächern dicht an dicht drängen und dahinter Groß St. Martin aufragt. Für viele gehören diese Giebelhäuser zum typisch kölschen Stadtbild – auch wenn die beiden linken Häuser seit über einem Jahr eingerüstet sind. Sie sollen bald wieder aufgebaut werden – nach aktuellem Stand sollen die bunten Fassaden künftig in helleren Tönen gestrichen werden. Viele Kölner sind damit nicht einverstanden.

Wenig bekannt ist heute, warum die Giebelhäuser so gebaut wurden – und welchem Zweck sie ursprünglich dienten.

Köln im Mittelalter: wenig Platz, viel Handel

Im 13. Jahrhundert war Köln mit rund 40.000 Einwohnern eine der größten und wohlhabendsten Städte nördlich der Alpen. Die Grundstücke in der Altstadt waren knapp und teuer. Viele Parzellen stammten noch aus römischer Zeit – schmal, aber tief. Wer sich hier ein Haus leisten konnte, musste also in die Höhe bauen.

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So entstanden die typischen schmalen, mehrgeschossigen Häuser, deren Giebel zur Straße oder zum Rhein zeigten. Diese Bauweise nennt man giebelständig – im Gegensatz zur traufständigen, bei der die lange Seite eines Hauses zur Straße zeigt. Der Grundriss war meist rechteckig, die Front nur vier bis sechs Meter breit – wie man es heute noch gut am Fischmarkt sehen kann.

Der spitze Giebel – Funktion und Statussymbol

Die spitz zulaufenden Dächer hatten zunächst einen praktischen Zweck: Regen und Schnee sollten schnell ablaufen, damit kein Wasser in die Balken eindrang. Bald aber wurde der Giebel mehr als nur ein Dachabschluss – er wurde zum Aushängeschild.

Kölner Kaufleute ließen ihre Fassaden mit Ornamenten, Erkern oder Wappen verzieren – sichtbare Zeichen von Wohlstand und Handwerkskunst. Besonders beliebt waren sogenannte Treppen- oder Stufengiebel, ein Stil, der aus der Backsteingotik Flanderns bekannt war. So bekam Köln seine charakteristische Altstadt-Silhouette: eng, hoch und reich verziert.

Lagerhaus mit Flaschenzug

Die Giebelhäuser in der Kölner Altstadt waren nicht nur schön, sondern auch praktisch. Viele dienten als Wohn- und Handelshaus zugleich: unten Laden oder Werkstatt, darüber Wohnräume und Lagerräume.

In den oberen Etagen befand sich oft ein hölzerner Dachbalken mit Flaschenzug, mit dem Waren – Ballen, Fässer, Säcke – direkt von der Straße oder vom Rhein heraufgezogen wurden. Diese Konstruktionen sind an manchen historischen Fassaden noch heute zu sehen. Der Giebel war also Teil der städtischen Warenlogistik – nicht bloß Zierde.

Kölns Stapelrecht und der Fischmarkt

Ein entscheidender Grund für die Bedeutung dieser Häuser war das Kölner Stapelrecht. Es wurde der Stadt 1259 verliehen und besagte, dass alle Waren, die den Rhein entlang transportiert wurden, zunächst in Köln entladen und zum Verkauf angeboten werden mussten.

  • Dafür brauchte man Platz – und genau hier kamen die Giebel- oder Stapelhäuser ins Spiel. Sie dienten als Zwischenlager für Güter, die vom Fluss heraufgeschafft, gehandelt oder umgeschlagen wurden.

Besonders der Fischmarkt war ein zentraler Umschlagplatz: Hier wurden frische Fische angelandet, gewogen, gepökelt und verkauft – die angrenzenden Häuser waren Teil dieses regen Wirtschaftssystems.Zum Rhein gewandt – aus gutem Grund

Dass die Giebel vieler Häuser zum Rhein zeigen, war kein Zufall. Der Fluss war Kölns Lebensader: Handelsweg, Nachrichtenroute und Versorgungsader zugleich.

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Mit der Schauseite zum Wasser präsentierte sich Köln den ankommenden Händlern – als wohlhabende, stolze Handelsstadt. Auch die Straßenstruktur der Altstadt folgte diesem Prinzip: Viele Gassen führen in schmalen Linien vom Rheinufer in Richtung Westen – von den Stapelhäusern hin zu Markt, Rathaus und Dom.

Nachkrieg und Neubau: die heutigen Giebelhäuse

Die heutigen Giebelhäuser am Fischmarkt sind weitgehend Nachkriegsrekonstruktionen. Die Originale wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. In den 1950er-Jahren entstanden die heutigen Gebäude in vereinfachter Form – als Versuch, das historische Stadtbild wieder erfahrbar zu machen.

Seit 2023 werden die beiden linken Häuser saniert. Wegen massiver Bauschäden müssen sie teilweise neu errichtet werden, unter Beteiligung von Architekt Paul Böhm. Dabei ist geplant, die historische Form beizubehalten, aber die Farbgestaltung zu verändern.

Symbol für das alte Köln

Auch wenn vieles an den Giebelhäusern heute neu ist, bleibt ihr Eindruck derselbe: schmal, lebendig, kölsch.

  • Sie erzählen vom alten Köln – von engen Gassen, geschäftigen Händlern und der besonderen Verbindung zwischen Stadt und Rhein.

Und sie zeigen, dass Köln schon im Mittelalter wusste, wie man sich der Welt präsentiert – mit einer Giebelreihe, die bis heute jeder kennt.

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