„Solidarität statt Spaltung“: George Soros erhält Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma

23. October 2025


Alexander Soros nahm den Preis stellvertretend für seinen Vater, George Soros, entgegen.

(Quelle: KA)

Am Donnerstag, dem 23. Oktober 2025, wurde im Berliner Hotel Adlon der Europäische Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma verliehen. Der Preis, dotiert mit 15.000 Euro und gestiftet von der Manfred Lautenschläger Stiftung, würdigt Persönlichkeiten, die sich auf europäischer Ebene für gleiche Rechte und gesellschaftliche Teilhabe von Sinti*zze und Rom*nja einsetzen.

In diesem Jahr ging die Auszeichnung an den US-amerikanischen Philanthropen George Soros, Gründer der Open Society Foundations. Soros, geboren 1930 in Ungarn als Sohn jüdischer Eltern, überlebte den Holocaust und machte es sich zur Lebensaufgabe, autoritären Regimen entgegenzutreten.

In der vom Sohn Alexander Soros verlesenen Dankesrede erklärte George Soros: „Ich betrachte mich als Europäer, und mein ganzes Leben lang war es mein Ziel, mich gegen jede Form totalitärer Regime zu stellen.“

„Minderheitenrechte sind Menschenrechte“

Die Laudatio hielt Michael Brand, der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antiziganismus. Er nannte Soros einen „würdigen Träger des Europäischen Bürgerrechtspreises der Sinti und Roma“ und „aktiven Vorkämpfer gegen Diktatur und für eine offene Gesellschaft“. Brand betonte: „Minderheitenrechte sind immer Menschenrechte.“ Damit erinnerte er an die anhaltende Ausgrenzung von Rom*nja und Sinti*zze in Europa und daran, dass Demokratie auch daran gemessen wird, wie sie Minderheiten schützt.

Bildung als Schlüssel zur Emanzipation

Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, hob die Rolle der Open Society Foundations bei der Förderung von Bildung hervor: „Soros und seine Open Society Foundations setzen sich seit über 40 Jahren vor allem in Ost- und Südosteuropa für die Minderheit ein. Über ihre Programme konnten mehr als 150.000 junge Roma aus armen Verhältnissen Bildung und Ausbildung ermöglicht werden.“ Diese Zahl steht für eine Dimension des Engagements, die jenseits politischer Symbolik reale Lebenswege verändert.

Rose verwies darauf, dass „85 Prozent der Roma-Kinder in der EU armutsgefährdet sind, während es bei der übrigen Bevölkerung ‚nur‘ 20 Prozent der Kinder sind.“ Mit dem Preis will der Zentralrat „ein sichtbares Zeichen gegen die antiziganistische Ausgrenzung der größten ethnischen Minderheit in Europa setzen.“

Der Stifter des Preises, Dr. h. c. Manfred Lautenschläger, formulierte es in seiner Rede als gesamtgesellschaftlichen Auftrag: „Die Zivilgesellschaft ist aufgerufen, Antiziganismus zu widersprechen und zu handeln.“

Nationalismus als Gegenbewegung

In seiner Dankesbotschaft, die sein Sohn Alexander vortrug, warnte George Soros vor dem Wiedererstarken nationalistischer Bewegungen in Europa. „In jüngerer Zeit musste ich mich einer nationalistischen Reaktion stellen, besonders in Osteuropa. Und diese wurde mit großer Effizienz von Ungarns Viktor Orbán beherrscht.“

Soros erinnerte an seine Kindheit unter zwei Diktaturen und daran, dass der Kampf für Freiheit und offene Gesellschaften niemals abgeschlossen sei: „Ich bin in Ungarn aufgewachsen und habe dort aus erster Hand sowohl nationalsozialistische als auch kommunistische Unterdrückung erlebt.“

Sein Ziel mit den Open Society Foundations, so Soros, sei es stets gewesen, „Institutionen zu entwickeln, die ihrer eigenen Geschichte und Kultur entsprechen und zugleich die individuelle Freiheit schützen.“

„Eine Bedrohung für ganz Europa“

In einer eigenen Rede formulierte Alexander Soros einen Appell, der über den Anlass hinausreicht: „Die Diskriminierung, der die Roma ausgesetzt sind, ist eine Bedrohung für ganz Europa. Ich stehe den Roma in ihrem Streben nach Gleichberechtigung und Freiheit zur Seite.“

Damit knüpfte er an den zentralen Gedanken seines Vaters an: Solidarität als Gegenentwurf zu Abschottung und Nationalismus. „Wir wählen Solidarität statt Spaltung.“

Mit der Auszeichnung für George Soros würdigt der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma nicht nur ein Lebenswerk, sondern eine Haltung, den unerschütterlichen Glauben an die offene Gesellschaft. In einer Zeit, in der Antisemitismus und Antiziganismus in Europa wieder zunehmen, ist diese Haltung zugleich Mahnung und Ermutigung.

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