Paracetamol: ARD & ZDF berichten endlich richtig über Trump-Lügen

Grünes Bildschirm mit schwarzen Text über Paracetamol und Trump-Lügen.

2. October 2025

Trump verbreitet mal wieder Unwahrheiten, diesmal über Paracetamol. Und die ganze Medienlandschaft packt das unkritisch in die Überschriften. Die ganze Medienlandschaft? Nein! Ein von unbeugsamen Redakteuren bevölkertes Medium beginnt endlich, der Desinformation Widerstand zu leisten.

„Trump gibt unbelegte Gesundheitsempfehlungen“, titelte die Tagesschau. Und ich stelle überrascht fest, dass ich an dieser Überschrift nichts auszusetzen hatte. Überrascht deshalb, weil es leider extrem selten vorkommt, dass über eine der unzähligen Lügen des US-Präsidenten oder der AfD eine solide Schlagzeile in seriösen Medien gebracht wird. Nicht falsch verstehen: Die Artikel von Medien wie der Tagesschau sind meistens weder inhaltlich oder journalistisch zu beanstanden. Und wenn doch, dann beklagen wir uns auch. Aber selbst wenn es gute Artikel sind, versagen viele Medien an einer leider sehr wichtigen Stelle: Den Überschriften und dem Framing. Bei Trumps Lügen über Paracetamol und Autismus haben zumindest die ARD und das ZDF anscheinend endlich dazu gelernt.

Die Lügen über Paracetamol

Zuerst einmal zu den Fakten: Es gibt keine belastbaren, publizierten Studien, die einen kausalen Zusammenhang zwischen Paracetamol-Einnahme und Autismus belegen. Eine großangelegte schwedische Kohortenstudie (Ahlqvist et al., 2024) mit 2,48 Mio. Kindern fand kein erhöhtes Autismusrisiko durch paracetamolhaltige Schmerzmittel in der Schwangerschaft. Die Autoren schließen, dass beobachtete Zusammenhänge in anderen Analysen durch gemeinsame familiäre Faktoren erklärt sein könnten.

Demgegenüber steht eine systematische Meta-Studie (Prada et al., 2025), die 46 Publikationen auswertete und bei einer Mehrheit der Studien eine Korrelation fand – aber Achtung: das ist keine Kausalität. Die Studie wurde auch kritisiert. Eine Meta-Studie der EMA (European Medicines Agency, also die Europäische Arzneimittelagentur) fand auch keine eindeutige Kausalität.

Die medizinischen Fachgremien und Aufsichtsbehörden betonen durchweg: Paracetamol gilt bei korrekter Anwendung in der Schwangerschaft weiterhin als sicherstes Schmerzmittel. So stellen internationale Fachverbände klar, dass es „keine Evidenz für einen kausalen Zusammenhang“ zwischen Paracetamol und Autismus gebe. Beispielsweise führt die gynäkologische Weltorganisation FIGO aus, die US-Behörden hätten Studien selektiv herangezogen, die methodische Mängel aufweisen, und bekräftigt, dass etablierte Leitlinien Paracetamol in der empfohlenen Dosis als unbedenklich einstufen.

Auch Aufsichtsbehörden wie Swissmedic verweisen darauf, dass nach jahrzehntelanger Anwendung weltweit keine Belege für einen solchen Zusammenhang gefunden wurden. Die Nutzen-Risiko-Bewertung bleibe „unverändert positiv“. Die US-Fachgesellschaft ACOG hat in einer Praxisempfehlung betont, Paracetamol bleibe „das sicherste Schmerz- und Fiebermittel in der Schwangerschaft“ und die vorliegende Evidenz zeige keinen kausalen Zusammenhang mit Entwicklungsstörungen. Demnach ist Konsens, dass Paracetamol bei sachgemäßer Anwendung nicht als Autismus-Risiko gilt.

Trumps und RFK Jr.s Paracetamol-Lügen

Am 22. September 2025 verkündete US-Präsident Donald Trump in einer Pressekonferenz, Paracetamol (er nennt den Markennamen Tylenol) in der Schwangerschaft sei mit einem „erhöhten Risiko für Autismus“ verbunden. Er log wörtlich: „Tylenol zu nehmen ist nicht gut“ und wies zugleich an, Ärzte über diese „Gefahr“ zu informieren. Seine Aussagen enthielten keine neuen Studienzitate, sondern waren schlicht Trump-typische Propaganda. Ähnlich hatte sich bereits der Quacksalber, Lügner und Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. geäußert. Beides sind bekannte Hochstapler und Lügner, die mit Verschwörungsmythen die Bevölkerung verarschen, um selbst daraus Profit zu schlagen.

Medienframing und Schlagzeilen

Wir alle wissen das, auch die seriösen Medien wissen das, es besteht allerdings eine professionelle Scheu, das auch so deutlich auszusprechen. Wenn die mächtigsten Menschen der Welt durch dreistes Lügen an die Macht gekommen sind, wird es scheinbar unmöglich, die deutliche Wahrheit auszusprechen, weil sie so ungeheuerlich ist, dass es parteiisch wirkt, wenn man es doch tut. Das Thema hatten wir schon oft bei Volksverpetzer.

Warum US-Faktenchecker Trump helfen – ohne es zu wollen

Und natürlich ist es auch leider schon lange keine Option mehr, die Lügen großer Parteien wie der AfD oder die des US-Präsidenten einfach nicht zu thematisieren, denn Millionen fallen darauf herein. Im Gegenteil, Medien wird ein „Verschweigen“ vorgeworfen, wenn sie die nächsten dreisten Behauptungen nicht thematisieren würden.

Das ist hier auch nicht das Problem. In der Regel schaffen es die Medien auch, einem aufmerksamen Leser klarzumachen, was der vertrauenswürdige Stand der Wissenschaft ist  und was Faschist Trump mal wieder für Lügen dahergeplappert hat. Das Problem sind aber natürlich die weniger aufmerksamen Leser – oder zumindest diejenigen, die lediglich die Überschriften lesen. Was leider eine große Mehrheit ist. Und regelmäßig werden die Falschbehauptungen der Faschisten und Quacksalber einfach in den Überschriften wiederholt. Lügen überzeugen nicht durch gute Belege – die haben sie nicht –, sondern durch Wiederholung (Illusory-Truth-Effekt). Und die gängige Medienpraxis hilft Extremisten und Betrügern bisher.

Viele Menschen lesen oft nur Überschriften. Wenn die Medien, die den Fake streuen, und die Medien, die darüber aufklären, fast nicht zu unterscheidende Überschriften liefern, richtet das enormen Schaden an. Wenn eine Behauptung völlig zweifelsfrei falsch ist, dann sollte sie nicht den Titel und das Framing dominieren. 

Berichterstattung 

In der aktuellen Presse wurde Trumps Behauptung erfrischenderweise nicht überall unreflektiert übernommen. Der Deutschlandfunk titelte korrekt: „Trumps fragwürdige Warnung vor Paracetamol ist wissenschaftlich nicht belegt“. Auch das ZDF wählte einen erklärenden Ton: „Trump verknüpft Paracetamol mit Autismus – Experten widersprechen“. 

Die ARD schrieb zum Glück deutlich: „Trump gibt unbelegte Gesundheitsempfehlungen“. In allen Fällen wurden Trumps Äußerungen im Titel nicht einfach als Fakt zitiert, sondern durch Schlagworte wie „fragwürdige Warnung“, „Experten widersprechen“ oder „unbelegt“ deutlich eingeordnet. Was das Mindeste sein sollte an journalistischer Einordnung. Wir bei Volksverpetzer sprechen auch extra die Wahrheit aus, die man leider zu selten liest. Trump lügt. Wie schon buchstäblich zehntausende Male zuvor. Es sollte nicht ungewöhnlich sein, wenn seriöse Medien die Wahrheit deutlich aussprechen. Insbesondere wenn die Faschisten und Lügner die Lügen deutlich aussprechen.

Der ÖR hat hier endlich dazugelernt – viele im Rest der Medienlandschaft machen weiter die alten Fehler. Bei der ebenfalls inzwischen unseriösen WELT lautete das Framing zunächst etwa „Trump warnt vor Paracetamol in der Schwangerschaft“. Später wurde es offenbar immerhin etwas verbessert zu: „Trump propagiert Zusammenhang zwischen Paracetamol in der Schwangerschaft und Autismus“.

wenn die lügen in der überschrift stehen

Ntv schreibt zwar in der Dachzeile „Angeblich riskant für Schwangere“, aber groß steht da erstmal die Lüge: „Trump warnt vor Autismus-Gefahr nach Paracetamol-Einnahme“. Höchstens das „angeblich“ ist ein kleiner Indikator für die Falschaussage, sonst wird sie nur wiederholt. Stern hat ebenfalls einen sachgemäßen Artikel, aber versagt beim Titel völlig: „Schmerzmittel: Trump zieht Verbindungen zwischen Paracetamol und Autismus“ und repliziert ebenfalls nur die Fehlinformation.

Die FAZ wiederholt die Fake News immerhin als Frage: „Hängt Autismus mit Paracetamol zusammen?“, was nur theoretisch besser ist, aber praktisch keinen Unterschied macht, da es die Formulierung immer noch wiederholt, nur mit einem Fragezeichen dahinter. Ein Vollversagen ist hingegen die NZZ, die gar nichts einordnet, nicht einmal im Teaser Text – und der Rest des Artikels steckt hinter einer Paywall.

Die Medien müssen endlich besser werden

Die wissenschaftliche Lage spricht gegen Trumps Behauptung. Weder hochwertige Studien noch Expertengremien sehen einen bewiesenen Zusammenhang zwischen Paracetamol. Und auch Fachgesellschaften und Aufsichtsbehörden empfehlen Paracetamol bei Bedarf weiterhin als erstes Mittel bei Schmerzen/Fieber in der Schwangerschaft. Gegenteilige Behauptungen sind bisher schlichtweg nicht erwiesen. Sollte sich daran etwas ändern – denn auch Wissenschaft entwickelt sich ja immer weiter –, muss das auch offen und transparent kommuniziert werden. Doch bis das der Fall sein sollte, und Trump und RFK Jr. behaupten wieder mal Unsinn über Themen, von denen sie keine Ahnung haben.

Die Medienberichte im ÖR ordnen bei diesem Thema endlich  bereits in der Überschrift die Aussagen kritisch ein und verwenden eine Headlinestrategie, die betont, dass Trumps Warnung „nicht belegt“ bzw. „fragwürdig“ ist. Dass ich dieses Minimum an journalistischem Verantwortungsbewusstsein loben muss, zeigt, wie gravierend schlecht die Lage ist. Und auch der Blick auf viele andere Medien zeigt, dass sich das noch keineswegs durchgesetzt hat und es hier immer noch gravierende Lücken gibt.

fazit: haben positive beispiele zukunft?

Denn neben den seriösen Medien, die mit ihren naiven und ungeschickten Überschriften den Desinformationsverbreitern mit unkritischer Aufmerksamkeit helfen, gibt es ja noch weitreichenstarke, rechte Medien, die die Lügen mit vollem Bewusstsein und laut und deutlich hinausposaunen. Am Ende titelt kaum ein Medium, was tatsächlich wahr ist. Dieses systematische Versagen der Medien seit Jahren ist einer der Faktoren, der Desinformation, Wissenschafts- und Demokratiefeindlichkeit erst dazu verhilft, so viel Schaden anzurichten. Man verbleibt bei der Hoffnung, dass diese positiven Beispiele im Fall von Paracetamol und Trump auch bei kulturkämpferisch aufgeladeneren Themen Schule machen und sich auch in anderen Redaktionen herumspricht. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass nur das Wiederholen der Lügen zu (wütenden) Reaktionen und damit zu Interaktion und Reichweite führt. Im Gegenteil, wenn man für das Aussprechen der Wahrheit attackiert wird, ist das umso mehr Grund, sie deutlich auszusprechen. 

Artikelbild: Canva, Screenshot Tagesschau & Screenshot NZZ

Teile des Artikels wurden mit maschineller Hilfe ausformuliert. Wie Volksverpetzer KI verwendet.

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