Freiberg: Morddrohungen gegen Anti-Rechts-Kandidaten – und alle schweigen?

27. September 2025

0

Freiberg: Morddrohungen gegen Anti-Rechts-Kandidaten – und alle schweigen?

von Thomas Laschyk | Sep. 27, 2025 | Aktuelles

Christian Pudack will am Sonntag Oberbürgermeister in Freiberg werden. Er ist der einzige, der sich deutlich von Rechtsextremisten abgrenzt und will den Einfluss der AfD begrenzen. Dafür bekommt er jetzt Morddrohungen. Die anderen Kandidaten schweigen, beklagt er.

Eskalation im Wahlkampf

In Freiberg (Mittelsachsen) wurden in der Nacht zum 22./23. September mehrere Wahlplakate des Oberbürgermeister-Kandidaten Christian Pudack mit rechtsextremen Symbolen und Morddrohungen verunstaltet. Unter anderem war auf einem großflächigen Transparent sein Konterfei als Zielscheibe markiert, daneben wurde das Wort „Kopfschuß“ [sic] gesprüht, an anderen Plakaten prangten Hakenkreuze und ein um den Hals gelegter Strick.

Nach Angaben der Polizei wurden insgesamt acht Plakate mit „beleidigendem und bedrohlichem Inhalt“ beschmiert. Der Vorfall wird als mögliche politisch motivierte Tat geprüft – die Staatsanwaltschaft erwägt eine Zuständigkeit des Staatsschutzes. Nur die Stadtratsfraktionen, die Pudack unterstützen (Grüne, Linke, SPD, „Freiberg für alle“), veröffentlichten daraufhin eine Solidaritätserklärung. Die anderen Mitbewerbenden äußerten sich nicht.

„Die Menschen müssen einfach wissen, dass es diese Probleme gibt.“

Pudack selbst sagt auf Anfrage Volksverpetzer, ihm mache die Aktion an sich nicht viel aus, auch wenn er überrascht war. “Wir hatten im Team immer erwartet, dass irgendsowas noch passieren könnte, die Heftigkeit hat jetzt einfach überrascht. Das eskalierte ja jetzt ansatzlos von 0 auf 11 und gleich auf ekelhafteste Weise.”

Er freut sich, dass nach anfänglichem medialen Schweigen jetzt doch mehr Aufmerksamkeit auf das Thema gerichtet wird. Und dass auch deutlich wird, dass es hier um Angriffe auf die Demokratie geht. „Die Menschen müssen einfach wissen, dass es diese Probleme gibt und man das Thema absolut verharmlost, wenn man nur euphemistisch von ‚Schmierereien‘ redet.“

Zugleich kritisierte er das Ausbleiben von Unterstützung aus dem Lager seiner Mitbewerber. “Enttäuscht bin ich weiterhin nur von den Mitbewerbern. Auch fast eine Woche danach hat sich keiner auch nur irgendwie geäußert oder wenigstens bei mir gemeldet. Es gab zwar viele Wortmeldungen aus Freiberg und anderswo, aber nichts aus dem Bewerberfeld.” 

Er zeigte sich „schockiert“, dass ein fortschrittliches Wahlprogramm und deutliche Distanz zur AfD in dermaßen offene Tötungsaufrufe münden können.

AfD ist die Partei der rechtsextremen Szene

Während Pudack in Interviews seine Enttäuschung über die fehlende Empathie anderer Kandidaten ausdrückte, reagierte der AfD-Kreisverband Mittelsachsen anders: In einer offiziellen Erklärung sprach die Partei zwar pauschal von „rechtswidrigem“ Vandalismus, wies aber jede Verbindung zur AfD zurück. Bezeichnend, dass sich die rechtsextreme AfD gleich angesprochen fühlt. Der Vorsitzende schrieb, man dürfe die Tat nicht „pauschal mit einer politischen Richtung oder gar der AfD in Verbindung bringen“. Die AfD ist Teil der extremistischen Szene und sorgt mit ihrer Hetze für eine Stimmung der Angst und Einschüchterung.

Der AfD-Vertreter warf Pudack vor, die Straftat für „politisches Kapital“ nutzen zu wollen, und ausgerechnet die rechtsextreme AfD forderte „Respekt, Sachlichkeit und Fairness“ im Wahlkampf statt „Stimmungsmache auf dem Rücken von mutmaßlichen Sachbeschädigungen“. Mh, welche nationalistische Bewegung weigert sich in Teilen, die Rechtschreibreform anzuerkennen, und schreibt deshalb bewusst Worte wie „Kopfschuss“ noch mit ß?

Typisch AfD, die Partei, in deren Umfeld etliche Vorfälle von Gewalttaten und Terror zu finden sind: Sie relativiert die rechtsextremen Drohungen. Experten warnen unterdessen vor einem allgemeinen Anstieg solcher Angriffe: Rechtsextreme Straftaten sind erneut auf einen Allzeit-Rekord gestiegen – auch wegen der AfD, die einen großen Teil der rechtsextremen Szenen ausmacht.

Demokratische Gegenwehr ist möglich – wenn wir laut sind

Trotz dieser Einschüchterungserfahrungen zeigen aktive Bürger, wie man rechten Strategien begegnen kann. In Neschwitz (Sachsen) beispielsweise stand bei der Bürgermeisterwahl lediglich ein AfD-naher Bewerber auf dem Stimmzettel. Die Wähler trugen dennoch andere Namen per Hand ein – so erhielt der AfD-Kandidat nur 48 % der Stimmen und verlor die absolute Mehrheit. Er zog daraufhin seine Kandidatur zurück. Dieser bemerkenswerte demokratische Protest belegt, dass eine engagierte demokratische Mehrheit auch scheinbar alternativlose Situationen lösen kann.

Die Drohungen gegen Christian Pudack in Freiberg zeigen, wie scharf sich rechtsextreme Kräfte gegen Kandidaten stellen, die sich klar gegen die AfD positionieren. Es handelt sich um eine bedrohliche Zuspitzung, die nicht nur Einzelne trifft, sondern das gesamte Klima vergiftet. Nur ein geschlossenes Auftreten demokratischer Parteien, Bürgerinitiativen und Wählerinnen kann solchen Einschüchterungsversuchen etwas entgegensetzen. Die demokratischen Kräfte müssen weiterhin zusammenstehen und wählen gehen, um rechten Drohgebärden gemeinsam entgegenzutreten. Und nicht, wie der Mitbewerber der CDU, der AfD in allen Punkten Recht geben und sogar den Klimawandel leugnen.

Artikelbild: Christian Pudack. Teile des Artikels wurden mit maschineller Hilfe ausformuliert. Wie Volksverpetzer KI verwendet

Passend dazu:

Hier den Artikel weiter lesen…