Apollo News: Das journalistische Vorfeld

14. October 2025


Apollo News ist heute ein zentraler Akteur im rechtsalternativen Medienaktivismus.

(Quelle: Screenshot und Canva)

Apollo News ist heute eine feste Größe im rechten Medienaktivismus. Was 2018 als Schülerblog begann, hat sich in wenigen Jahren zu einem professionellen Projekt mit rund 19 festen Mitarbeiter*innen entwickelt. Seit 2024 schreibt die Seite schwarze Zahlen, nach eigenen Angaben vorwiegend finanziert durch Spenden. Gegründet wurde sie von dem damals noch jugendlichen Medienaktivisten Max Mannhart, der bis heute als prägende Figur gilt.

Rechtsalternative Deutungshoheit als Mission

Apollo News nimmt heute eine wichtige Rolle im Kampf um die politische Deutungshoheit in Deutschland ein. Die Redaktion richtet sich gegen Migration, Gender, Feminismus, queere Lebensrealitäten, Linke, Islam, Muslime und die demokratische Zivilgesellschaft insgesamt. Die Beiträge und Kommentare zielen häufig auf Themen, die Wut, Angst oder Neid ansprechen, und verschieben damit den Ton öffentlicher Debatten. Chefredakteur Mannhart sagt in einem Interview, seine Kernfrage sei, wie man zum Westen stehe. Er behauptet, die „westliche bürgerliche Lebensweise“ sei anderen „überlegen“. Das ist kultureller Rassismus, der augenscheinlich universalistische Werte, der Aufklärung und Gleichheit gegen Migration und Vielfalt ausspielt.

Das System Apollo News

Mittlerweile ist das Apollo-Team laut Mannharts Angaben 19‑köpfig. In ihren Redaktionsräumen verfügt das Team über ein Studio, in dem Podcasts und Videos aufgezeichnet werden, und einen offenen Newsroom. Allein die Personaldichte ermöglicht es dem Team, in kurzen Abständen zahlreiche Texte zu veröffentlichen. Genau das hat System, mit vielen oftmals eng getakteten Artikeln Dringlichkeit und Wichtigkeit zu evozieren.

Immer wieder sind prominente Stimmen des rechtspopulistischen und extrem rechten Milieus zu Gast bei Apollo. So etwa verschiedene Nius- oder Rome-Media-Autor*innen, Henryk M. Broder, Welt-Kolumnist Don Alphonso, Polizeigewerkschaftler Manuel Ostermann, CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Joana Cotar und Thilo Sarrazin. Letzterer spricht etwa in einem professionell erscheinenden Videoformat über Geburtenraten von Menschen mit Migrationsbiografien und nährt damit die Verschwörungserzählung vom „Großen Austausch”.

Die Themenauswahl von Apollo ist eng gesteckt, man orientiert sich am Kulturkampfplaybook der US-amerikanischen Rechten. Im Fokus stehen immer wieder klassische Kulturkampf-Themen wie Klimawandel, eine unfähige Regierung und immer wieder vermeintliche Fehltritte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Es sind genau die Themen und Spins, die auch die AfD immer wieder aufgreift und mit denen sie Stimmung macht: Migration, Geflüchtete und Kriminalität.

Es geht um Stimmungsmache. Immer wieder werden Zitate aus dem Kontext gerissen und falsch dargestellt. Rechtsextreme Kampagnen werden dann auch mal als rechtskonservativ bagatellisiert.

(Quelle: Screenshot Apollo News)

Auf Apollo News finden sich Aussagen wie :„Hier sorgen Scharia und islamische Friedensrichter für ein Zusammenleben nach Regeln – nicht Staat und Polizei. Sie [die Muslime] wollen sich nicht integrieren und auch nicht integriert werden.“

Vorfeld-Journalismus

Ulrich Siegmund, AfD-Spitzenkandidat des vom Verfassungsschutz des Landes als gesichert rechtsextrem eingestuften Landesverbands Sachsen-Anhalt, bezeichnet in einem Video über Apollo News, jene Medien treffenderweise als „Vorfeldjournalisten“. Das Wichtigste, was die AfD in den nächsten Jahren benötige, sei eine „alternative Informationskultur“, um das „Monopol hier des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der ganzen Zeitung zu umgeben“. „Wenn wir dieses Informationsmonopol durchbrechen, wenn die Menschen sich einen eigenen Eindruck machen, dann schaffen wir die politische Wende in diesem Land.“ Und hier spielt Apollo News eine zentrale Rolle.

Dabei tritt Apollo News mit einem Anspruch auf Seriosität auf: Layout, Sprache und Themenauswahl erinnern an etablierte Medienmarken. Mannhart sagt gegenüber dem medium magazin: „Unter den klassischen Printmedien ist uns die ‚Welt‘ wohl am nächsten.“

Vom Schülerblog zu Rome Media und zurück

Die Geschichte des Projekts führt durch mehrere Stationen der rechtspopulistischen Medienlandschaft: 2018 gründete Mannhart mit Mitschüler*innen, wie Max Roland, heute Apollo-Politikchef, „Apollo“. Mannhart war damals noch minderjährig. Zu der Zeit begann er unter dem Pseudonym Air Tuerkis, für den Blog Achse des Guten, von Henryk M. Broder zu schreiben.

Weitere Apollo-Autoren wechseln zum Broder-Medium. Nach seinem Abitur arbeitet Mannhart ab 2020 bei Tichys Einblick, während der Blog Apollo parallel weiterläuft. Drei Jahre nach Gründung des Schüler-Blogs, 2021, wechseln große Teile des Apollo-Personals zu Tichys Einblick. Laut dem medium magazin seien es 20 Autor*innen zwischen 15 und 26 Jahren gewesen. Das Team behauptet, durch eine Recherche zum Berliner Wahldesaster von 2021 den Anstoß für die Neuwahlen gegeben zu haben.

2022 verlässt das Apollo-Team die Redaktion von Roland Tichy und wechselt zu Rome Media, dem Kampagnendach des ehemaligen Bild-Chefs Julian Reichelt. Dort war Mannhart Mitglied der Chefredaktion, gemeinsam mit Autor*innen, die später bei Pleiteticker und schließlich bei Nius tätig waren. 2023 verlässt das Apollo-Team die Reichelt-Redaktion. Die Apollo Medien GmbH wird gegründet. Laut eigenen Angaben von Mannhart schreibe Apollo mittlerweile schwarze Zahlen.

Wie haben die Aktivist*innen es innerhalb weniger Jahre von einem Schülerblog zu einer zentralen Größe im rechten Medienaktivismus geschafft?

Die Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft

Noch einmal zu den Anfängen: Laut einer Recherche von Veronika Völlinger und Frederik von Castell im medium magazin, fanden die Apollo-Autor*innen ab 2019 Input, Kontakte und auch Know-how in dem rechtslibertären Netzwerk der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft.

Eine ursprünglich einmal liberale Vereinigung, „die über die Jahre immer weiter nach rechts gerutscht ist“, wie der Spiegel bereits 2020 schrieb. „Wie leicht in deren Umfeld inzwischen die Errungenschaften des demokratischen Staats verächtlich gemacht werden, machen etwa die Auftritte von Vera Lengsfeld klar. Die frühere Bürgerrechtlerin beschreibt die Bundesrepublik als Diktatur, eine Art neue DDR, und erntet viel Applaus bei Hayek-Runden.“

Bereits 2015 kam es zu zahlreichen prominenten Austritten aus der einst liberalen Hayek-Gesellschaft, unter ihnen etwa der damalige FDP-Chef Christian Lindner. Die damalige Vorsitzende, die Wirtschaftspublizistin und einstige F.A.Z.-Kolumnistin Karen Horn, hatte zuvor vor einer Unterwanderung der liberalen Szene durch „Reaktionäre“ gewarnt und eine Abgrenzung von der „rechten Flanke“ gefordert, die Vorurteile etwa gegen „Multikulti“ hege und sich mit dem rassistischen Autor Thilo Sarrazin verbünde.

2017 folgen weitere Austritte. Zwei der Ausgetretenen, ein Ökonom und ein Publizist, schrieben damals, die Gesellschaft sei zu einem „Mistbeet der AfD“ verkommen. Das Vermächtnis des Namensgebers, des Wirtschaftsnobelpreisträgers Friedrich August von Hayek, werde „in einen nationalistisch-völkischen Sumpf gezogen“, zitiert sie die Süddeutsche Zeitung 2017. Zu den prominenten Mitgliedern zählen heute etwa die AfD-Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch und Peter Boehringer, der „Crash-Prophet“ Markus Krall, die extrem rechte Publizistin Vera Lengsfeld und der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen.

Der Nachwuchs wird gezielt in Workshops und Akademien geschult

„Aus der ursprünglichen liberalen Staatsskepsis ist schleichend Staatshass geworden“, seziert der Spiegel die Entwicklung der einst liberalen Gesellschaft. Und dennoch nähern sich die Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft und das Apollo-Personal immer weiter an.

Das heutige Mitglied der Apollo-Chefredaktion, Larissa Fußer, war etwa seit 2016 aktiv in der Jugendarbeit der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft. Sie gab vor einigen Jahren an, durch dieses Netzwerk politisiert worden zu sein. Möglich, dass sie maßgeblich für die Rekrutierung eines jungen Publikums für die Hayek-Gesellschaft verantwortlich ist.

Laut dem medium magazin richtet die Hayek-Gesellschaft ab 2019 gemeinsam mit Apollo und der Achse des Guten Nachwuchs-Journalisten-Workshops aus. Diese richten sich an Teilnehmer*innen zwischen 15 bis 35 Jahren. Die Teilnehmenden werden hier in Argumentationstrainings und Rhetorik-Übungen geschult. Referent*innen waren bisher etwa Dr. Ulrich Vosgerau, Jurist, der am Potsdamer-Geheimtreffen teilnahm, und die neurechte Publizistin Vera Lengsfeld.

Mittlerweile hat sich um Apollo News herum eine gemeinnützige Unternehmensgesellschaft gegründet, die Apollo Seminare gUG, die nun die rechten Nachwuchs-Journalisten schult. Laut eigenen Angaben waren hier bisher unter anderem die Journalisten Henryk M. Broder, Roland Tichy, Julian Reichelt und Ralf Schuler Gäste. Noch bis 2023 fanden die Seminare der Apollo-Akademie zunächst in Kooperation mit Tichys Einblick, dann mit Pleiteticker um Julian Reichelt statt.

Einfluss durch Agenda-Setting: Zwischen Nius und „Welt“

Immer wieder gelingt es Apollo, Themen in die breitere Öffentlichkeit zu tragen. Wenn klassische Medien Beiträge von Apollo News aufgreifen, verschafft das Apollo zusätzliche Reichweite und den Anschein von Seriosität. Im Gefüge der rechten Medienlandschaft positioniert sich Apollo zwischen den Projekten Reichelts („Nius“, „Pleiteticker“) und konservativen Leitmedien wie der „Welt“. Während „Nius“ boulevardesk auf Reichweite setzt, kultiviert Apollo das Image einer rechtslibertären „seriösen Nachrichtenplattform“.

Zum Selbstverständnis schreibt das Apollo-Team auf seiner Website, dass „Journalismus gegen die Mächtigen, nicht für sie schreiben muss“. Daran ist nichts auszusetzen. Doch schaut man sich die Finanzierung von Apollo News an, gerät dieses Konstrukt des vermeintlich unabhängigen Journalismus ins Wanken.

Geschäftsführer Mannhart müsse, vorsichtig geschätzt, „einen mittleren fünfstelligen Betrag für 15 festangestellte Redaktionsmitglieder, weitere fünf freie Autoren sowie die Betriebskosten pro Monat aufwenden”, schrieb das medium magazin in Ausgabe 01/2025, in Teilen online veröffentlicht am 6. März. Ein Schülerblog, der in Zeiten des Mediensterbens so stark wächst und innerhalb weniger Jahre angeblich schwarze Zahlen schreibt. Wie geht das?

Zum einen sicherlich durch Werbung, auffallend sind hier die Anzeigen von Kettner Edelmetalle und ihren Untergangserzählungen. Doch auch Investorengeld fließt mittlerweile in Apollo News. Der Investor Thorsten Kraemer, hält, Stand März 2024, mit seiner Firma Crocodile Capital GmbH rund 15 Prozent der Anteile. Laut dem medium magazin saß Kraemer lange Zeit im Aufsichtsrat der Freenet AG. 2011 habe Kraemer in einem rechtslibertären Magazin von  “Staatsfernsehen” als “Propagandaorgan von Union und SPD” gesprochen.

Ein Twitter-Account mit seinem Namen interagiert auffallend viel mit Apollo und Nius. Der User schreibt etwa: „Wie lange werden die Politclowns in Berlin noch benötigen, um intellektuell zu erfassen, dass es sich nicht um eine Rezession, sondern um ein per Klimaschwindel, Linksfaschismus, Regulierungswahn, Weltrettungsanmassung und sozialistischer Migrations- und Transferleistungskleptokratie systematisch und politisch vorsätzlich herbeigeführtes Zerstörungswerk handelt, das zu einem völligen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Zusammenbruch Deutschlands führen wird?“ Laut medium magazin ist allerdings unklar, „ob der Account wirklich von ihm betrieben ist“.

Professionalisierter rechter Aktivismus unter journalistischer Fassade

Apollo News steht exemplarisch für eine neue Generation rechtsalternativer Medienprojekte, die mit journalistischem Anschein eine klare politische Agenda verfolgen. Ihr Erfolg beruht auf strategischer Nachwuchsförderung, gezieltem Agenda-Setting und offenbar der Verknüpfung mit einflussreichen Netzwerken aus Wirtschaft, Politik und Medien.

Indem Apollo News klassische Formen des Journalismus nachahmt, aber zugleich demokratische Institutionen und pluralistische Werte delegitimiert, trägt das Projekt zur Normalisierung antidemokratischer und rechtsautoritärer Positionen bei. Damit ist Apollo weniger ein Nachrichtenmedium als ein Akteur im Kampf um kulturelle und politische Hegemonie und ein Beispiel dafür, wie rechtsalternative Medienstrategien zunehmend professionell, anschlussfähig und gefährlich für die demokratische Öffentlichkeit werden.

Hier den Artikel weiter lesen…