Wie AfD & Co. den Putschversuch von Bolsonaro leugnen

15. September 2025

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Wie AfD & Co. den Putschversuch von Bolsonaro leugnen

von Philip Kreißel | Sep. 15, 2025 | Aktuelles

Der Rechtsextremist Jair Bolsonaro wurde wegen eines gewaltsamen Putschversuchs zu 27 Jahren in Haft verurteilt. Vielen ist nicht klar, wie gefährlich die Situation damals für die brasilianische Demokratie war. Das nutzen Verschwörungsideologen und Rechtsextremisten hierzulande aus, um ihre Verbindungen zu Bolsonaro reinzuwaschen. Dabei zeigt sich hier erneut: Rechtsextreme sind eine große Gefahr für die Demokratie. Und wenn wir nicht aufpassen, werden sie wohl auch in Deutschland nicht vor einem Putsch zurückschrecken.

Geplanter Militärputsch: Mehr als nur Randale

Am 8. Januar 2023 verwüsteten Bolsonaros Anhänger nach dessen Wahlniederlage den brasilianischen Kongress. Bolsonaro hatte die eigene Wahlniederlage angezweifelt. Dies erinnerte stark an den „Sturm aufs Kapitol“, den Trump-Anhänger am 6. Januar 2021 durchführten, um die Amtsübergabe an Biden zu verhindern.

Es gibt noch eine weitere Parallele: In beiden Fällen verharmlosen Anhänger die gescheiterten Putschversuche mit Verweis darauf, dass ja die Menge nicht zu kontrollieren war. Allerdings gingen in beiden Fällen die Pläne deutlich weiter als einen „bloßen“ Sturm auf das Parlament. Es gab klare Pläne, trotz demokratischer Niederlage an der Macht zu bleiben.

Trump drohte dem „Wahlminister“ von Georgia mit Strafverfolgung und Nachteilen, sollte dieser ihm nicht noch über 11 000 Stimmen besorgen. Außerdem planten Trump und seine Verbündeten, dutzende falsche Wahlmänner an der Wahl zum Präsidenten teilnehmen zu lassen. Der Sturm aufs Kapitol ereignete sich vor allem deswegen, weil Vizepräsident Mike Pence sich weigerte, diese falschen Wahlmänner anzuerkennen.

Bolsonaros Plan hingegen war es, das Militär auf seine Seite zu ziehen, den Notstand auszurufen und seine politischen Gegner ermorden zu lassen.

Ermordung politischer Gegner

Die brasilianische Partei nahm vier Soldaten und einen Polizisten fest, die geplant hatten, Bolsonaros Konkurrenten Lula da Silva und dessen Vize zu töten. Laut dem Polizeibericht war Bolsonaro über deren Plan informiert. Bolsonaros Vize-Bürochef gab außerdem das grüne Licht von Bolsonaro an Attentäter weiter, die den Präsidenten des Verfassungsgerichts Moares töten sollten. Der General Braga Netto, ein enger Vertrauer von Bolsonaro, hatte den Anschlagsplan im Präsidentenpalast ausgedruckt. Er soll Kost und Logis für Special Forces organisiert haben, die den Putsch in der Hauptstadt durchführen sollten.

Bolsonaro versuchte, die Armeeführung auf seine Seite zu ziehen. Er lud den Chef der Armee und den Chef der Navy nach der Wahlniederlage zu sich ein, um über die Verhängung des Kriegsrechts zu sprechen. Beide widersprachen ihm vehement und weigerten sich, an seinem Plan teilzunehmen. Mehrere Generäle und militärische und polizeiliche Führungskräfte hatten allerdings ihre Mitarbeit am Putsch zugesagt und wurden jetzt ebenfalls zu Gefängnisstrafen verurteilt. Dem Justizminister von Bolsonaro wird beispielsweise vorgeworfen, die Plünderer vom 8. Januar bewusst nicht davon abgehalten zu haben, den Kongress zu verwüsten. In Audio-Aufnahmen tauschten sich Bolsonaros Verbündete Cid und Barros aus, dass Druck auf den Chef der Armee aufgebaut werden müsste, damit dieser den Putsch unterstützt.

Obwohl der Supreme Court solche Operationen verboten hatte, führte die Autobahn-Polizei am Wahltag Kontrollen und Stopps in Hochburgen von Lula da Silva, Bolsonaros Konkurrenten, durch. Das sollte dazu führen, dass dort weniger Menschen zur Wahl gehen. Der Chef dieser Polizei wurde daraufhin festgenommen.

Schwurbler-Kritik an der Verurteilung

Der rechtsradikale Desinformationssender AUF1 unterstützt den Putschisten in einem Post auf Telegram und X. Gründer und ChefLügner Stefan Magnet verbreitet Verschwörungstheorien, um die Hintergründe des Militärputsches zu verschleiern: „Die Globalisten mussten ihn beseitigen, denn für sie ist der Staat nur Beute und Vehikel.“ Dass Bolsonaro wegen eines versuchten Militärputsches in Haft sitzt, erwähnt Magnet nicht.

Auch die rechtsradikale Zeitschrift „JUNGE FREIHEIT“ veröffentlicht einen kritischen Beitrag über das Urteil, der die Putschpläne komplett verschweigt und stattdessen in den Vordergrund rückt, dass „Linken“ das Urteil gefallen würde. Tut es, aber es gefällt durchaus auch jedem Rechts von Rechts der Mitte, der etwas gegen Militärputsche hat. Die Junge Freiheit zählt da anscheinend nicht dazu.

Der schlechte Corona-Schwurbel-Anwalt Markus Haintz leugnet ebenfalls den Putschversuch und nimmt Bolsonaro in Schutz. Haintz hat enge Verbindungen zu Bolsonaro, er hat ihn sogar persönlich in Brasilien interviewt. Gemeinsam besprachen sie ihre Corona-Lügen, wie dass Ivermectin gegen Covid helfen würde, was wissenschaftlich ausgerechnet durch eine Studie aus Brasilien widerlegt wurde.

Die immer unseriösere, rechte Tageszeitung WELT stellt ebenfalls die politische Ausrichtung des Gerichts in den Vordergrund, statt die Vorwürfe gegen Bolsonaro:

Enge Verbindungen der AfD zu Bolsonaro

Die engen Verbindungen der AfD zu Bolsonaro sind auch im Zuge eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens interessant. Sie könnten als Beleg dafür gewertet werden, dass die AfD gegen das Demokratieprinzip agiert. So hatten Politiker der AfD auch über den Kapitolsturm in den USA gelogen, andere hatten ihn verurteilt. AfD-Chefin Weidel sieht jedenfalls in Trump trotz versuchtem Putsch immer noch ein „Vorbild“ für die AfD.

AfD-Vize von Storch hatte Bolsonaro 2021 in Brasilien besucht und Bolsonaro getroffen. Der Hass auf die demokratische Ordnung verbindet die beiden: Beatrix von Storch verbreitete ebenso Lügen über das brasilianische Wahlsystem. 2023 bezeichnete von Storch den brasilianischen Verfassungsrichter Moraes als „Brasiliens größten Verbrecher“. Bolsonaros Anhänger hatten zuvor geplant, Moraes zu erschießen, um eine Machtübernahme von Bolsonaro zu ermöglichen. In Brasilien wird die Verbindung auch kritisch gesehen: BBC Brasilien kritisierte, dass die Familie Bolsonaros sich mit einer Enkelin einer von Hitlers Ministern treffen würde (ihr Großvater war Finanzminister unter Hitler).

Bolsonaro-Sohn im Bundestag

2024 lud Beatrix von Storch den Sohn des Putschisten, Eduardo Bolsonaro, in den Bundestag ein und gab ihm dort eine Führung. Nach der Wahl im Februar 2025 schickte Eduardo Bolsonaro auch Grüße an Beatrix von Storch. Er wünschte sich eine Koalition aus CDU und AfD:

Torben Braga, ein Vertrauter von Björn Höcke, der an seinem ersten Arbeitstag im Bundestag dort mit NSDAP-Symbolik auftauchte, ist ebenfalls ein großer Fan von Bolsonaro. Nach Bolsonaros Wahlniederlage bat er den rechtsextremen Oligarchen Elon Musk auf Twitter, sich in die Situation in Brasilien einzumischen. „Es ist dringend“, schreibt er.

Außerdem teilte Braga einen Post eines Trump-Vertrauten und AfD-Unterstützers, Christopher Landau. Dieser versuchte ebenfalls, das Vorgehen des obersten Gerichts gegen Bolsonaro zu delegitimieren und erneut gegen den Verfassungsrichter Moraes Stimmung zu machen. Der Putschversuch durch Bolsonaro wird von Landau geleugnet, stattdessen übt er Druck auf Brasilien aus, den Kriminellen freizulassen.

2024 interviewte der AfD-Vize-Spitzenkandidat Petr Bystron den Sohn von Bolsonaro in Berlin. Im Gespräch versuchten beide, ihre jeweiligen Verfassungsgerichte zu delegitimieren. Wohin das führen kann, hat Bolsonaro gezeigt.

Urteil gegen Bolsonaro ist Klatsche für die AfD

In der AfD distanziert sich niemand von sich aus von Bolsonaro, obwohl die Partei enge Kontakte in sein Umfeld pflegt. Selbst nach dem Putschversuch gingen die Kontakte weiter, AfD-Politiker setzten sich aktiv durch Propaganda und ihre Kontakte zu z. B. Elon Musk dafür ein, Bolsonaro hereinzuwaschen.

Der versuchte Militärputsch in Brasilien war fast erfolgreich. Die Wahl war denkbar knapp, nur zwei Armeechefs hätten umgestimmt werden müssen, um den Plan Wirklichkeit werden zu lassen. Dann wäre Brasilien jetzt eine brutale Militärdiktatur unter dem faschistischen Diktator Bolsonaro. Für die AfD kein Grund, mal ein Wort der Kritik zu äußern, sondern eher Bolsonaro weiterhin zu unterstützen? Brasilien zeigt hier, wie man mit Putschisten umgeht.

Auch Südkorea hat den eigenen Präsidenten nach einem Putschversuch verhaftet. Der philippinische Ex-Präsident steht in Den Haag wegen der Abschaffung der Rechtsstaatlichkeit vor Gericht. Der peruanische Ex-Präsident Castillo ist auch wegen eines versuchten Staatsstreichs in Haft. Ausgerechnet in angeblich fortschrittlichen Industrieländern wie Ungarn und den USA hat die Abschaffung der Gewaltenteilung dagegen wenig Folgen. Wie wird die Geschichte eines Tages auf Deutschland und auf unseren Umgang mit der rechtsextremen AfD blicken?

Artikelbild: Team von Storch / dpa

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