Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Polizeipräsident nach Kölner Silvesternacht zu Unrecht abgelöst

Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Polizeipräsident nach Kölner Silvesternacht zu Unrecht abgelöst

Rundschau |

Urteil des BundesverfassungsgerichtsPolizeipräsident nach Kölner Silvesternacht zu Unrecht abgelöst

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Der ehemalige Polizeipräsident Wolfgang Albers war ein Liebhaber auffälliger Hüte.

Copyright: Thilo Schmülgen

Wolfgang Albers nahm die Versetzung in den Ruhestand nach den Vorfällen der Silvesternacht nicht hin und zog vor Gericht. Nun erzielte Albers einen juristischen Erfolg.

Die skandalösen Umstände der Silvestervorfälle 2015/2016 und die zögerliche Offenlegung der Hintergründe waren der Grund seines angeordneten Abganges. Schon zuvor hatten die „Hogesa“-Randale, Affären bei der Hundestaffel oder bei den Spezialeinsatzkommandos für Unruhe gesorgt. Der ehemalige Polizeipräsident Wolfgang Albers stand in seiner Dienstzeit oftmals in der Kritik — besonders die massiven Vorfälle in der Silversternacht sorgten für das Aus. Albers nahm die Versetzung in den Ruhestand nicht hin und zog vor Gericht. Nun erzielte Albers einen juristischen Erfolg.

Die nordrhein-westfälische Praxis, wonach ein Polizeipräsident jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden kann, ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erklärte die Regelung nach Angaben vom Donnerstag für nichtig. Das Verfassungsgericht betonte, dass es grundsätzlich möglich ist, politische Beamte jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen zu können. Diese Möglichkeit müsse aber auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt bleiben.

Ob ein Amt mit einem politischen Beamten zu besetzen ist, muss dem Gericht zufolge je nach Einzelfall betrachtet werden. Voraussetzung ist demnach, dass der jeweilige Amtsträger zur Erfüllung seiner Aufgaben dauerhaft mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung übereinstimmen muss.

OVG ging 2021 davon aus, dass die Versetzung in Ordnung war

In den meisten Bundesländern gibt es Sonderregelungen, die es erlauben, politische Beamte in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Das ist grundsätzlich im Beamtenstatusgesetz geregelt. Für welche Ämter politische Beamte eingesetzt werden, wird von den einzelnen Ländern selbst bestimmt.

Abgesehen von der Regelung um politische Beamte ging das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster bei einer Entscheidung im Jahr 2021 davon aus, dass die Versetzung in Ordnung war. Der zuständige Senat kam zu der Erkenntnis, dass Albers’ Versetzung in den Ruhestand rechtlich nicht zu beanstanden sei. „Wegen des Einsatzgeschehens in der Silvesternacht sei das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei beschädigt gewesen“, hieß es. Es sei nachvollziehbar, dass das verloren gegangene Vertrauen mit demselben Polizeipräsidenten nicht wiederhergestellt werden konnte, erklärte das Gericht.

Bei der Frage der Regelung um politische Beamte sah das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster im Jahr 2021   bei der durch ein Landesgesetz geregelten Besetzung der Polizeipräsidenten als politische Beamte in Nordrhein-Westfalen einen möglichen Verstoß gegen das Grundgesetz. Deshalb setzte das OVG das Berufungsverfahren um die Klage gegen die Versetzung Albers in den einstweiligen Ruhestand bis zu einer Entscheidung der Bundesrichter aus .   Das OVG äußerte damals in der mündlichen Verhandlung Zweifel, dass die Leiter der Polizeibehörden zu diesem engen Kreis zählen. Das OVG betonte weiter, dass ein Polizeipräsident eben nicht die Aufgabe habe, politische Ziele an der Nahtstelle zwischen Politik und Verwaltung umzusetzen. Das würde schon daraus deutlich, dass in den kreisfreien Städten Polizeipräsidenten für die Kriminalitätsbekämpfung, Gefahrenabwehr und die Verkehrspolizei zuständig sei, während diese Aufgabe in den Kreisen von den gewählten Landräten übernommen werden. Diese seien zum Teil Vertreter von Parteien, die nicht in der Landesregierung seien. Das Verfahren wird nun wieder beim Oberverwaltungsgericht fortgeführt, teilte das Bundesverfassungsgericht mit.

Landesregierung entband Albers im Januar 2016 von seinen Aufgaben

Albers hatte bereits in der ersten Instanz vor dem Verwaltungsgericht Köln darauf verwiesen, dass er in seiner Rolle als Polizeipräsident kein einziges Mal in beratender Funktion in einem Ministerium war. In Düsseldorf sei er höchsten zu Treffen der Ämterkollegen gewesen. Albers war von 2011 bis Anfang 2016 Polizeipräsident in Köln. Nach massiven sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht von 2015 rund um den Kölner Dom und im Bereich des Hauptbahnhofs geriet die Polizei für ihre Einsatzplanung und ihre Kommunikationsstrategie in die Kritik. Am 12. Januar 2016 zog die rot-grüne Landesregierung personelle Konsequenzen und entband Albers von seinen Aufgaben. Da es sich bei den Tatverdächtigen überwiegend um zugewanderte Männer aus dem nordafrikanischen Raum handelte, lösten die Geschehnisse eine Debatte über den Umgang mit straffälligen Flüchtlingen aus.

In der SEK-Affäre wurde Albers „Führungsversagen“ vorgeworfen. Albers löste eine SEK-Einheit auf. Beamte eines Kommandos sollen einen Kollegen bei einem Ausflug nach Österreich gedemütigt und schikaniert haben. (mit dpa)

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