Polizeigewerkschafts-Chef: „Kann nicht glauben, dass das Gesetz durchgekommen ist“

Polizeigewerkschafts-Chef: „Kann nicht glauben, dass das Gesetz durchgekommen ist“

Rundschau |

Interview

Polizeigewerkschafts-Chef„Kann nicht glauben, dass das Gesetz durchgekommen ist“

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Michael Mertens ist Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW

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NRW-Vorsitzender Michael Mertens hält Cannabis-Regelung für nicht kontrollierbar und sieht darin Absicht.

Michael Mertens ist Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW. Der Cannabis-Teillegalisierung steht er gerade mit Blick auf Köln kritisch gegenüber.

Wie stehen sie zur Teillegalisierung von Cannabis?

Ich kann immer noch nicht glauben, dass dieses Gesetz wirklich durchgekommen ist. Ich gehe davon aus, dass es mehr Konsumenten geben wird, denn durch das Gesetz wird das Signal ausgesendet, Cannabis zu konsumieren ist gar nicht so schlimm. Aber unabhängig wie man dazu steht, wenn man so ein Gesetz auf den Weg bringt, dann muss das auch gut vorbereitet sein. Mirkommt es jedoch so vor; Schnelligkeit vor Gründlichkeit ging.

Das heißt, bei Ihnen bleiben viele Fragen zur Umsetzung offen?

Nehmen wir alleine die Reglung, dass in einem Radius von 100 Metern um Schulen, Kindergärten und Jugendeinrichtungen nicht konsumiert werden darf. Gilt das auch nachts? Was ist mit Menschen, die sich vor Ort überhaupt nicht auskennen? Wir stehen vor der Fußball-EM, zu der wir gerade auch in Köln viele Gäste aus dem Ausland erwarten. Woher sollen die wissen, dass sie im Umfeld einer Schule stehen? Können die Kolleginnen und Kollegen im Streifendienst anlasslos kontrollieren oder muss ein Verdachtsmoment vorliegen?

Das sind eine Reihe von Fragen, auf die es vier Tage vor Inkrafttreten des Gesetzes noch keine Antwort gibt?

Ja, und es gibt noch mehr Probleme: Was ist mit den Kontrollen im Straßenverkehr? Bisher gilt der Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Doch es gibt Stimmen, die fordern ein Heraufsetzen des Grenzwertes. Die Polizei hat aber nur Messgeräte, die lediglich den Konsum nicht den Blutwert bestimmen können. 25 Gramm Cannabis dürfen nun mitgeführt werden, aber die Kolleginnen und Kollegen tragen doch keine Feinwaage mit sich. Legales Cannabis darf nur einen vorgegebenen Wirkungsgrad haben. Wie soll der Anbauer von Cannabis wissen, ob er ihn einhält, wie sollen wir das kontrollieren?

Es gibt unter anderem die Regelung, dass jeder Erwachsene drei Pflanzen selber ziehen darf. Müssen sie jetzt die Fensterbänke kontrollieren?

Selbst wenn, was ist mit einer Wohngemeinschaft? Und was, wenn in einer vierköpfigen WG drei Mitbewohner im Urlaub sind?

Das bedeutet, die Polizei soll jetzt die Einhaltung eines Gesetzes kontrollieren, dass noch gar nicht zu Ende gedacht ist?

Ich glaube, umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Regelungen sind unkontrollierbar – und das ist wahrscheinlich auch ganz bewusst so gemacht worden. Damit es am Ende des Tages heißt: Weil das alles nicht mehr leistbar ist, kontrollieren wir das gar nicht erst.

Ein Ziel des Gesetzes soll sein, den Schwarzmarkt auszutrocknen. Sehen Sie das denn wenigstens als erreichbar an?

Die Entwicklung auf dem Schwarzmarkt müssen wir tatsächlich erst einmal abwarten. Aber wie gesagt, ich gehe davon aus, dass durch die Signalwirkung der Teillegalisierung der Kreis der Konsumenten anwachsen wird. Dadurch kommen wir wahrscheinlich in eine Marktlage, bei der der Bedarf größer ist als das Angebot, dass sich durch Eigenanbau und Anbauvereine ergeben wird. Die Deckungslücke ist der Geschäftsbereich des Schwarzmarktes. Und wie wir alle wissen, letztendlich bestimmt der Preis den Markt. Will sagen, ist Cannabis auf dem Schwarzmarkt günstiger zu bekommen als durch Eigenanbau oder die Mitgliedschaft in einem Anbauverein, wird der Schwarzmarkt weiterhin seine Kunden finden.

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