Banner beim FC-Spiel: Ultras sind nun im Visier des Staatsschutzes

Banner beim FC-Spiel: Ultras sind nun im Visier des Staatsschutzes

Rundschau |

Banner beim FC-SpielUltras sind nun im Visier des Staatsschutzes

Lesezeit 4 Minuten

Ein Schmähplakat befestigten Ultras am Zaun während des Spiels gegen Union Berlin

Copyright: IMAGO/Beautiful Sports

Das Spiel war nicht hochklassig, doch längst nicht so niveauarm wie das Plakat, mit dem Ultras die Oberbürgermeisterin beleidigten.

Als das Wochenende fast vorbei ist, äußert sich Werner Wolf, Präsident des 1. FC Köln, doch noch. Nicht auf den offiziellen Medienkanälen des Fußball-Bundesligisten, sondern auf der Plattform X, ehemals Twitter. „Ich habe in einem persönlichen Kontakt mit Frau Reker um Entschuldigung gebeten. Wir distanzieren uns von diesem geschmacklosen Banner“, lässt Wolf mitteilen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Staatsschutz der Polizei bereits Ermittlungen gegen Anhänger des Clubs eingeleitet. Grund sei der „Anfangsverdacht der Beleidigung auf sexueller Basis gegen eine Politikerin und Amtsträgerin“, so die Polizei. Auch im Kölner Rathaus sorgt das Transparent, das mit „WH 1996“ – dem Kürzel der Ultragruppierung Wilde Horde – unterzeichnet war, für Unverständnis. Die Oberbürgermeisterin war auf dem mehrere Meter langen Banner übel beleidigt worden.

Grenzüberschreitend und inakzeptabel.

Die Grünen, Statement zu dem Banner

Die Grünen bezeichnen den Schriftzug als „grenzüberschreitend und inakzeptabel“, vor allem „in Zeiten zahlreicher Angriffe auf demokratische Politikerinnen und Politiker.“ Da Reker selbst einst von einem rechtsextremistischen Täter bei einem Messerangriff lebensgefährlich verletzt worden war, lasse das Transparent der FC-Fans „jegliches Feingefühl vermissen“ und sei „nicht durch Emotionalität im Abstiegskampf zu entschuldigen.“ In der ersten Halbzeit des Spiels gegen Union Berlin hatten Fans das Transparent am Zaun der Südtribüne aufgehängt und das letzte Heimspiel der Saison als Bühne genutzt. Inhaltlich geht es den Fans um den Verbleib des 1. FC Köln im Grüngürtel und am Geißbockheim. Reker hatte den Ausbau der Trainingsgeländes unterstützt, mit Blick auf den „Klimanotstand“ später aber eine Kehrtwende vollzogen. Mehrfach waren in den vergangenen Wochen Transparente wie „Geißbockheim ist nicht verhandelbar“ bei den Heimspielen zu sehen gewesen. Auch auf der Plattform „Südkurve.de“ hatten sich die Fans zuletzt eher gemäßigt geäußert und Gesprächsbereitschaft mit der Politik signalisiert. „Dass sich die Grünen bis auf anderthalb müde Posts auf Social Media nicht zu Gesprächen bereit erklären, erachten wir als traurig. Jeder wie er will, unseren Kontakt habt ihr“, heißt es dort. Umso mehr überrascht nun das niveaulose und arg unter die Gürtellinie zielende Transparent der Fans.

Jede Form von Diskriminierung hat nichts beim 1.FC Köln verloren.

Christian Keller, Geschäftsführer

Das Verhältnis zwischen Ultras und Verein ist seit Jahren brüchig, unter dem alten Vorstand um Präsident Werner Spinner hatten sich die Ultras für Jahre aus dem Fan-Dialog verabschiedet. Seit der Amtsübernahme von Präsident Werner Wolf und seinem Team befanden sich Club und Fans wieder auf Annäherungskurs. Doch nicht nur Wolf brauchte nun lange, um sich immerhin in zwei Sätzen von dem Transparent zu distanzieren. Geschäftsführer Christian Keller hatte am Wochenende erst auf Anfrage der Medien sein Bedauern geäußert und mitgeteilt, grundsätzlich habe „jede Form von Diskriminierung nichts beim 1. FC Köln verloren“. Der Verein äußerte sich nicht zu der Frage, wie das Plakat ungeprüft ins Stadion kommen konnte. Im Rathaus sehen nun viele Menschen aus der Politik den Vorstand des 1. FC Köln in der Pflicht. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite plädiert für eine „verbale Abrüstung“ und meint: „Dazu muss auch die Vereinsführung des 1. FC Köln stärker beitragen.“ CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau spricht von einer „geschmacklosen und ehrverletztenden Entgleisung im Stadion“, die mit „allen dem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Mitteln“ verfolgt werden müsse. „Zudem fordern wir den FC-Vorstand auf, alles in seiner Macht stehende zu unternehmen, damit sich ein derartiger Vorfall nicht wiederholen kann“, lautet auch seine Forderung.

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Auch die Kölner Staatsanwaltschaft befasst sich mit dem Fall und spricht von einer „eindeutigen strafrechtlichen Relevanz“. Es gehe um den Tatbestand der Beleidigung. Der Spruch auf dem Banner habe ein „unterirdisches Niveau“, sagte Oberstaatsanwalt UIf Willuhn der Rundschau. Der Inhalt des Plakates sei eine „reine Schmähung“. Mithilfe der Videoüberwachung werde nun eine individuelle Zuordnung versucht. Heißt: Es soll herausgefunden werden, wer für den Inhalt des Schriftzuges verantwortlich ist. Außerdem wollen Polizei und Staatsanwaltschaft herausfinden, wie das Banner ohne Kontrolle und damit auch ungelesen ins Stadion kommen konnte.

„Dies ist Gegenstand der Ermittlungen. Wir werden dies prüfen“, ergänzte Willuhn. Schließlich sei das Transparent kein DIN-A-4-Blatt. Zuletzt hatte sich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Mitte April mit den Ausbauplänen des 1. FC Köln befasst und die juristische Aufarbeitung ans Oberverwaltungsgericht in Münster zurückverwiesen. Die Situation ist festgefahren, denn für den Bau von drei Kunstrasenplätzen und öffentlich nutzbaren Kleinspielfeldern auf der Gleueler Wiese fehlt momentan eine politische Mehrheit. Dies gilt auch für den Bau eines Jugendleistungszentrums, das der Verein neben dem Franz-Kremer-Stadion errichten möchte. Der Bau eines neuen Vereinsgeländes in Marsdorf war ebenfalls diskutiert worden, aber an den Kosten gescheitert. Nun könnte das Thema eine Rolle im Kommunalwahlkampf 2025 spielen. Dann werden die Posten im Stadtrat neu vergeben.

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