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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im Bundestag die Entlassung seines Finanzministers Christian Lindner (FDP) und das damit verbundene Aus der Ampel-Koalition verteidigt. «Diese Entscheidung war richtig und sie war unvermeidlich», sagte er in seiner Regierungserklärung. Gleichzeitig warnte er vor einer Spaltung des Landes und rief dazu auf, in der Politik weiter auf Kompromisse zu setzen. «Ich bin überzeugt. Der Weg des Kompromisses bleibt der einzig richtige Weg.»
Schlusspunkt unter schmutzige Scheidung der Ampel
Die Debatte setzt den Schlusspunkt unter die schmutzige Scheidung der Ampel-Koalition nach knapp drei Jahren Zweckehe. Nach einem erbitterten Streit über die Wirtschafts- und Finanzpolitik hatte Scholz vor einer Woche seinen Finanzminister gefeuert und das Ende des Dreier-Bündnisses herbeigeführt.
Er führt nun eine Minderheitsregierung von SPD und Grünen und will am 16. Dezember im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Erhält er wie erwartet keine Mehrheit, findet die Neuwahl am 23. Februar statt. Bis dann bleiben 102 Tage für den Wahlkampf. Die Regierungserklärung war quasi der Auftakt dazu.
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Keine Politik «mit der Faust auf den Tisch»
Scholz sagte, öffentlicher Streit dürfe nie wieder die Arbeit der Regierung überlagern. «Natürlich funktioniert das nicht mit der Faust auf den Tisch», sagte er. Er rief alle Demokratinnen und Demokraten dazu auf, einer Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken. Dies sei die zentrale Frage bei der anstehenden Neuwahl im Februar. «Ich will vermeiden, dass es zu Verteilungskämpfen jeder gegen jeden kommt», sagte der SPD-Politiker.
Er sprach sich für mehr Investitionen in Sicherheit aus. Das dürfe aber niemals zulasten von Rente, Gesundheit oder Pflege gehen. Sicherheit und Zusammenhalt – das eine sei ohne das andere nicht zu haben. «Dieses “entweder oder” ist falsch und führt unser Land in die Irre.» Das «entweder oder» sei ein Konjunkturprogramm für Populisten und Extremisten. «Das schadet und zerreißt Deutschland.»
Scholz nennt Liste von noch möglichen Beschlüssen
Die Union rief Scholz dazu auf, nun vor der Auflösung des Bundestags gemeinsam noch wichtige Gesetze miteinander zu beschließen. «Lassen sie uns da, wo wir einig sind, auch einig handeln. Es wäre gut für unser Land», sagte er.
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Konkret nannte Scholz Entlastungen bei der sogenannten kalten Progression bei der Einkommensteuer, die zum 1. Januar 2025 gelten sollten. Nötig sei zudem, schnell möglichst viel von der vorgesehenen Regierungsinitiative für mehr Wachstum zu beschließen. Auch eine Kindergelderhöhung solle Anfang 2025 kommen. Der Kanzler nannte außerdem Grundgesetzänderungen, um das Bundesverfassungsgesetz stärker gegen mögliche politische Einflussnahmen zu wappnen.
Nein zu Taurus bekräftigt
Erneut verteidigte Scholz seine Haltung zum Ukraine-Konflikt und bekräftigte, dass die Ukraine keine Taurus-Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern für den Abwehrkampf gegen die Ukraine bekommen werde. «Ich werde meine Haltung nicht ändern, was die Lieferung eines Marschflugkörpers aus Deutschland betrifft.»
Ausgangslage für den Wahlkampf: Union klar vorne
Es sieht nach einer klaren Sache für die Union aus. Sie erreicht seit einem Jahr in den Umfragen stabil 30 Prozent und mehr. Die SPD als stärkste Regierungspartei liegt derzeit mit 16 bis 18 Prozentpunkte dahinter auf Platz 3 – noch hinter der AfD. Aber Vorsicht: Vor der Wahl 2021 war das nicht anders. Noch zweieinhalb Monate vor dem Wahltermin lagen Scholz und die SPD bis zu 16 Prozentpunkte hinter der Union. Ein Lacher von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet im Flutgebiet drehte die Stimmung. Die SPD gewann am 26. September schließlich mit 25,7 zu 24,1 Prozent gegen die Union. Scholz wurde Ampel-Kanzler.
Mit der Erzählung des Triumphs von 2021 macht sich die SPD jetzt Mut – und hofft auf Fehler von Merz. Und die anderen? Die Grünen können nach aktuellem Stand mit 11 bis 12 Prozent rechnen. Die FDP kratzt in den Umfragen an der 5-Prozent-Hürde, die Linke liegt klar darunter. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) könnte mit Werten von aktuell 5 bis 9 Prozent den Einzug in den Bundestag schaffen und die AfD ist mit 15 bis 19,5 Prozent die Nummer 2.
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Erstmals vier Kanzlerkandidaten
Erstmals wird es in einem Wahlkampf vier Kanzlerkandidaten geben. CDU und CSU haben sich mit Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) als erste entschieden – und das überraschend geräuschlos. Die Grünen wollen am Wochenende auf ihrem Parteitag Wirtschaftsminister Robert Habeck zum Kanzlerkandidaten küren. Und der AfD-Vorstand will am 7. Dezember Parteichefin Alice Weidel ins Rennen schicken.
Nur beim amtierenden Kanzler Scholz ist noch nicht klar, wann er sich offiziell Kanzlerkandidat nennen darf. Die Parteispitze beteuert zwar, dass er es zweifellos werde. Der Vorstand verzichtete aber in seiner ersten Sitzung nach dem Ampel-Aus am Montag darauf, ihn formell zu nominieren – und ließ damit die innerparteiliche Debatte weiterlaufen, ob er der richtige Kandidat ist.
Pistorius als Ersatzkandidat für Scholz?
Es gäbe da eine aussichtsreiche Alternative: Verteidigungsminister Boris Pistorius ist seit Monaten in den Charts der beliebtesten Politiker unangefochten die Nummer eins. So mancher in der Partei denkt, dass es nur noch mit ihm eine Chance gibt, den Rückstand zur Union aufzuholen. Bisher trauen sich das aber nur einzelne aus der dritten und vierten Reihe zu sagen.
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Aber selbst der sehr loyale Fraktionschef Rolf Mützenich registriert die Unruhe – und spricht darüber. «Ja, Grummeln ist da. Natürlich gibt es auch diese Stimmen», sagte Mützenich am Dienstagabend im ZDF-«heute journal» zu den Zweifeln an Scholz. Am Ende wisse die Partei aber, dass sie nur gemeinsam gewinnen könne, fügte er hinzu. Auf die Nachfrage, ob dies mit Olaf Scholz passieren werde, antwortete Mützenich: «Da bin ich fest von überzeugt.» dpa/kzy