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„Spiegel“ zitiert aus Kölner Ermittlungsakten zum Entführungsfall Rodenkirchen

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Fiktionale Symbol-Illustration zu der Situation im Keller der Villa in Rodenkirchen. | Illustration: Atelier Goral

Köln | Der „Spiegel“ berichtet über Organisierte Kriminalität in seinem Bericht „Es ist Krieg, Motherfucker“ und Details aus den Kölner Ermittlungsakten. Das Magazin gibt einen detaillierten Einblick in die Entführung in Köln-Rodenkirchen und die laufenden Ermittlungen.

Die Sache mit den Verfahrensdetails

Zwar suchen Kölner Polizei und Staatsanwaltschaft immer wieder die Öffentlichkeit mit Pressekonferenzen und schriftlichen Mitteilungen über Soziale Netzwerke oder ihre Presseseite zu dem Entführungsfall in Rodenkirchen, aber normalerweise sind Ermittlungsakten nicht zugänglich, vor allem in laufenden Verfahren. Laut Strafprozessordnung in Deutschland haben den Ermittlungsbehörden nur Nebenkläger und Anwälte von Beschuldigten das Recht, die Akten eines laufenden Ermittlungsverfahrens einzusehen. Allerdings kann diese Recht beschnitten werden, wenn die Ermittlungen gefährdet sind. Welche Quelle dem „Spiegel“ die Ermittlungsakte zuspielte ist unklar.

Besonders pikant an den Veröffentlichungen des „Spiegel“ aus einer Ermittlungsakte ist, dass der Kölner Polizeipräsident Johannes Hermanns vor dem Kölner Rat, als es in der 35. Sitzung am 1. Oktober 2024 in der aktuellen Stunde, um die Sicherheit in der Stadt geht, immer wieder beteuerte, keine Details wegen der laufenden Ermittlung bekannt gehen zu können. So sagte Hermanns vor 19 Tagen laut Wortprotokoll: „Auch wir können nicht über alles öffentlich sprechen. Zum einen reden wir hier über ein Ermittlungsverfahren der Organisierten Kriminalität. Das sind Ermittlungsverfahren, die häufig sehr langatmig, sehr langwierig und mit sehr schwierigen Ermittlungen verbunden sind. Wir haben die Interessen Betroffener zu schützen. Ganz wesentlich in strafprozessualen Ermittlungen ist, dass die Herrin des strafprozessualen Verfahrens die Staatsanwaltschaft ist, und auch die Staatsanwaltschaft allein darüber entscheiden darf, was wir aus Verfahrensinterna preisgeben dürfen. Deswegen bitte ich um Nachsicht, dass wir zur Sicherheitslage, zu polizeilichen Maßnahmen berichten können, aber nicht über Verfahrensdetails.“

Was bisher bekannt war

Ein Mann und eine Frau waren aus Bochum in ein Einfamilienhaus in Köln-Rodenkirchen entführt und dort gefoltert worden. Die Kölner Polizei befreite die beiden Personen unter Einsatz von Spezialkräften. Damals wurden vier Personen verhaftet, später ein 19-Jähriger in Köln-Kalk und zuletzt ein 24-Jähriger. In Paris wurde ein 22-Jähriger festgenommen, der als Drahtzieher benannt wurde. Die Kölner Polizei und Staatsanwaltschaft werteten dies als Ermittlungserfolg einer eigens dafür eingesetzten Ermittlungsgruppe mit dem Titel „Sattla“. Als Hintergund geben die Beamten den Raub von 300 Kilogramm Marihuana aus einer Lagerhalle in Hürth bei Köln an, in der 700 Kilogramm gelagert wurden.

Der „Spiegel“-Artikel zeichnet ein breites Bild der Organisierten Kriminalität in Deutschland mit Fokus auf Drogenkriminalität und Gewalt. Selbst der „WDR“ schreibt in einem aktuellen Artikel mit dem Titel „Drogenbanden-Streit im Rheinland: Weitere Festnahme“ von einem „undurchsichtigen Fall“. Der „Spiegel“ zeichnet jetzt ein differenziertes Bild und füllt die Konturen des Verbrechens, wie sie bisher bekannt waren, mit konkreten Einzelheiten.

Einstieg ins Drogengeschäft

So soll ein junger kurdischer Mann aus Köln, mit einer kleinen Gruppe an Mitstreitern, versucht haben, sich im Drogengeschäft zu platzieren. Um in das Business einzusteigen braucht man Drogen, also Ware, die man verkaufen kann. Dieser junge Mann aus Köln verfügte über die Halle in Hürth als eine niederländische Drogenorganisation ein Zwischenlager in Deutschland suchte. Der junge Kurde konnte aushelfen. So seien im Juni 2024 hunderte Kilogramm Marihuana für die niederländische Bande nach Hürth in die Halle gebracht worden. Der Stoff sei bewacht worden. Diese Halle wurde überfallen und die 300 Kilogramm wurden geraubt. Die Niederländer drohten und wollten den Stoff oder das Geld. Im „Spiegel“ Artikel finden sich jetzt Hinweise auf die Orte, an denen die Bomben und Brandsätze in Köln und NRW hochgingen. Es soll sich um Mitglieder der Bande des jungen Kurden gehandelt haben. Details, die bisher so öffentlich nicht bekannt waren. Der „Spiegel“-Artikel nennt zudem konkrete Personen.

Die Entführung

Die Entführung eines Mannes und einer Frau aus Bochum, und wie es zur Befreiung der beiden in einer Kölner Villa kam, wird nun deutlicher. Die Niederländische Organisation ging davon aus, dass der Entführte oder das Paar im Besitz der geraubten 300 Kilogramm Marihuana seien.

Am 4. Juli 2024 sei der Bruder des Entführten zur Polizei gegangen und berichtete den Beamten, dass sein Bruder und dessen Freundin von Personen in Autos mitgenommen worden seien. Dies habe er beobachtet. Anschließend habe er eine Whats-App-Nachricht bekommen, die ihn geängstigt habe und zur Polizei gehen ließ. Dort stand sinngemäß, dass wenn er nicht 1,5 Millionen Euro bezahle oder die gestohlenen Drogen zurückgebe sein Bruder sterben werde.

Mann flüchtet, wird verhört und die Polizei startet ihren Einsatz

Detailliert berichtet der „Spiegel“ darüber, was in der Rodenkirchener Villa passierte. Die Details stammen aus der Vernehmung eines jungen Mannes am Morgen des 5. Juli 2024 in Essen bei der dortigen Polizeibehörde. Der Mann soll an der Entführung beteiligt gewesen sein. Dieser junge Mann soll vom Statthalter der niederländischen Organisation im Rheinland aufgefordert worden sein, den gefolterten Entführten zu erschießen, um zu beweisen, dass er loyal gegenüber der Organisation sei. Dies habe der junge Mann verhindern können, indem er vorgab vor der Tat rauchen zu wollen und man so den Keller verlassen habe und ins Freie an der Rodenkirchener Villa gegangen sei.

Dort sei ihm die Flucht gelungen. Der junge Mann befürchtete zudem, nachdem er ein Gespräch unter den Chefs mitbekommen hatte, nach der Mordtat selbst liquidiert zu werden. Nach seiner Flucht zu einer Tankstelle holt er Hilfe. Der Mann wird von der Polizei verhört. Dann folgte der Polizeieinsatz in Rodenkirchen. So seine Geschichte.

Wie die Entführung abgelaufen sei, schilderte der junge Mann ausführlicher als der Bruder des Entführten. Er habe für die niederländische Organisation den Gefolterten und dessen Freundin in eine Falle gelockt. Die Niederländer vermuteten dort ihre gestohlene Ware. Der junge Mann habe bei dem Paar ein paar Gramm Gras gekauft, das die Niederländer als das ihre identifizierten. Daraufhin spielte er den Lockvogel bei dem Paar und gab an, mehrere Kilo kaufen zu wollen. Unter dem Vorwand das Geld organisieren zu wollen, lockte er das Paar in den Wagen mit dem er die Beiden abholte. Von dort sei es zu dem Transporter gegangen, mit dem das Paar in die Rodenkirchener Villa entführt worden sei. Dort sei es dann zur Gewalt gekommen. Drei Holländer hätten in Rodenkirchen die Befehle gegeben und mit Personen in den Niederlanden gechattet, die Befehle erteilten. Diese Nachrichten lägen laut der Ermittlungsakte, die dem „Spiegel“ vorliege, den Beamten vor. Offen bleibt was ist wahr, was ist erfunden, was Selbstschutz bei den Geschichten, der Vernommenen. Denn viele der Betroffenen schweigen auch, unter anderem das Paar.

Eines scheint immer noch unklar: Wer hat das geraubte Marihuana? Der „Spiegel“-Bericht enthüllt die brutalen Methoden mit denen die Banden, die der Organisierten Kriminalität angehören, vorgehen und zeichnet ein breiteres Bild, das über den Kölner Fall hinausgeht.

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