Neue Zahlen zu Antisemitismus: „Jüdisches Leben unter Druck“

12. November 2025


Der RIAS-Jahresbericht 2024 wurde vorgestellt.

(Quelle: picture alliance / Sipa USA | SOPA Images)

„Der 7. Oktober ist für uns alle eine Zäsur“, erklärt Deborah Kämper. An jenem Tag hatten islamistische Hamas-Terroristen den Staat Israel überfallen und mehr als 1.200 Menschen, größtenteils Jüdinnen*Juden, ermordet. Weltweit feierten Antisemit*innen die Gräueltaten. Auch in Deutschland.

Kämper, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Mannheim, betont, es sei wichtig, antisemitische Vorfälle zu melden, um das Ausmaß des Judenhasses sichtbar zu machen. Die Arbeit der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) sei „von uns allen abhängig“, erklärt sie.

8.627 antisemitische Vorfälle

Rund 50 Interessierte begrüßt Kämper am 11. November im Jüdischen Gemeindezentrum Mannheim. Unter den Teilnehmenden sind Michael Blume (Beauftragter der Landesregierung gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben) und Rami Suliman (Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden).

In Mannheim stellt der Bundesverband RIAS seinen Jahresbericht 2024 vor. Bianca Loy, wissenschaftliche Referentin bei RIAS, berichtet in einem Vortrag, die Meldestelle habe 8.627 antisemitische Vorfälle dokumentiert (2023: 4.886). Um knapp 77 Prozent sei die Anzahl der Vorfälle gestiegen. Im Bericht schreibt der Verband: „Einen maßgeblichen Einfluss auf das Vorfallgeschehen hatten die Reaktionen auf den 7. Oktober und den darauffolgenden Krieg.“ RIAS habe eine „Gelegenheitsstruktur“ beobachtet, „die zu einem konstant hohen Niveau antisemitischer Vorfälle beitrug“.

Antisemitismus im Alltag

Meist sind die Vorfälle im öffentlichen Raum geschehen, oftmals im Rahmen israelfeindlicher Versammlungen. Eine deutliche Zunahme antisemitischer Vorfälle ist an Hochschulen und Schulen festzustellen. Es gebe sogar Vorfälle in Grundschulen, berichtet Loy. Zwar sei der konkrete politische Hintergrund oft unbekannt (57 Prozent). Aber bei 2.282 Vorfällen sei „antiisraelischer Aktivismus“ festzustellen (26 Prozent).

Der Bundesverband RIAS ist derzeit in 12 Bundesländern vertreten. Weil er seit kurzem eine Meldestelle in Baden-Württemberg hat, findet die Präsentation des Jahresberichts im Südwesten statt. Robert Ogman, der die neue Meldestelle leitet, sagt in Mannheim: „Jüdisches Leben steht auch zwei Jahre nach dem 7. Oktober unter Druck.“ Schließlich trete Antisemitismus in allen Bereichen des Lebens auf. In der Straßenbahn, auf der Arbeit, im digitalen Raum, an der Hochschule.

Mit RIAS Baden-Württemberg will Ogman das „Problembewusstsein stärken“. Daher führe er derzeit eine Vielzahl an Gesprächen mit jüdischen Gemeinden und Initiativen aus der Zivilgesellschaft, um die Meldestelle bekannt zu machen. Sein Ziel sei es, das Dunkelfeld antisemitischer Vorfälle im Südwesten aufzuhellen.

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